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  • AutorenbildAnna Maria

Scalea

7. - 10. März --- 135. - 138. Reisetag


Kalabrien. Eine wilde Region. Eine Region voller rauer und verlorener Bergen, voller verborgener Täler. Eine Region in der sich alles Leben an den Küsten abspielt, nahe dem wunderschönen, kristallblauen Meer. Die Region der süssen Wurzeln und der scharfen Früchte.

Kalabrien. Für mich die Region der Teerstrassen und der unbegehbaren Strände...

Ich hatte mich nie gross um die Route gekümmert. Bis jetzt war das auch nie ein Problem, doch eigentlich hätte ich hier durch die Berge gehen wollen. Aber in Kalabrien kann man nicht alleine durch die Berge ziehen, ohne dass man sie kennt. Ich hätte einen Führer gebraucht. Sich in einem Tal wiederzufinden, inmitten von undurchsichtigen Büschen, ohne Wasser, ohne Gras für die Pferde und ohne Empfang war nicht gerade meine Wunschvorstellung... Deswegen wählte ich das kleine Übel und blieb an der Küste, auf oder in der Nähe der SS18. Dies entsprach nicht den Wegen die ich eigentlich machen wollte, doch ich musste einen Kompromiss mit mir selber eingehen. Wir waren müde, ich spürte es am Schritt meiner Pferde, ich fühlte es in mir. Ich kürzte die Etappen und gönnte uns mehr Ruhepausen. In diesem kargen Land habe ich zum ersten Mal die Last der Verantwortung gespürt. Wir waren zwar zu viert, doch ich alleine war für die anderen drei verantwortlich, für ihr Leben, für ihr Wohlergehen. Immer kritischer wurde mein Blick wenn ich sie ansah, ihren Gang kontrollierte, ihre Beine nach Verletzungen oder Schwellungen abtastete. Ich wollte umbedingt gesund und munter mit allen auf der Insel ankommen.

Den ersten Halt machte ich in Praia a Mare, wenige Kilometer nach dem Eintritt in die Region. Ich wurde herzlichst aufgenommen auf dem kleinen Reithof und mit allem erdenklichen Versorgt. Wir fuhren sogar mit dem Auto di morgige Strecke ab, damit ich auch ganz sicher den Weg ans Meer finden würde. Und dank ihnen konnte ich dem grössten Verkehr aus dem Weg gehen und erreichte meine mir allzu vertraute, zu jederzeit zur Rechten stehenden Wassermasse. Auf dem Strand jedoch merkte ich dass die Pferde zu sehr einsanken. Der Untergrund bestand nicht aus Sand, sondern aus Kies, mal kleiner mal grösser. Ich versuchte kurz die verschiedenen Strandabschnitte aus und fand bald heraus dass es weder im Wasser noch nahe an dem Dorf besser war: Die Pferde sanken einfach zu viel ein. So verliess ich so schnell wie möglich den Strand wieder und begab mich auf die Teerstrasse. Unser Anstieg nach Atrigna begann, wobei wir dann nicht zu der Siedlung gingen, sondern sie links ober uns liegen liessen. Die Strasse auf der wir entlang schritten war eine alte Landstrasse, voller kurven und schöner Sicht aufs Meer, aber fast unbenutzt wegen der neuen Schnellstrasse. Kurz vor San Nicola Arcella war die Straße gesperrt. Ich wusste von Armando, einem Bekannten der mich in Scalea erwartete, dass dahinter ein Erdrutsch war, der jedoch mit den Pferden gut passierbar war. So schnitt ich die Eisendrähte durch um an einer Stelle die Absperrung zu überwinden und verschloss sie hinter mir wieder. Über die abgerutschte Strasse konnte ich tatsächlich problemlos reiten.

Im nächsten Dorf wartete dann Armando auf mich, der mich die letzten Kilometer zu seinem Stall zu Pferd begleiten wollte.

Als wir dann die Pferde bei ihm abgesattelt hatten, und wir sie in die Boxen stellten, sah ich mit schreck dass die Beine der Pferde am Fesselgelenk angeschwollen waren, Bamiro stark und Rhiannon nur schwach. Der Grund dazu kam mir schnell in den Sinn: der Strand. Was ich da sah war einfach eine Überanstrengung der Gelenke, zum Glück nichts schlimmes. Ich fragte Armando und seine Familie ob ich ein paar Tage bleiben könne und sie freuten sich sogar darüber. Ich wurde in einem B&B einquartiert, welches der Frau von Armando gehört. Von dort aus unternahmen sie mit mir und einigen Freunden von ihnen Ausflüge, um mir die Gegend und das Städtchen Scalea zu zeigen. Abends gingen wir aus oder feierten bei ihnen zu Hause, mit köstlichem Essen, viel Tanz und Musik.

Ich blieb 3 Tage bei ihnen und die Pferde erholten sich schnell. Als der Abschied näher kam spürte ich wieder diese Zerrissenheit in mir. Sie waren mir alle sehr ans Herz gewachsen, doch ich spürte diesen unwiderstehlichen Drang weiterzuziehen, dieser Sog zum Süden, zur Meerenge...




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