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  • AutorenbildAnna Maria

Roma

10. - 20. Januar --- 75. - 85. Reisetag


An dem Tag als ich den Grande Raccordo Anulare (GRA, die Autobahn die Rom umkreist) überquerte, reiste ich hauptsächlich auf den Hauptstrassen. Nach einem kurzen Ritt über Feldwege und durch einen Park, watete ich durch einen Bach, der neben mir als Wasserfall ins Bodenlose fiel. Daneben eine schöne alte Mühle und eine kleine Brücke, jedoch unpassierbar für uns. Dies war die einzige Natur die ich geniessen konnte, danach kam ich in Roms Peripherien. Stundenlang folgte ich der Cassia, eine der Hauptstrassen, die in die Metropole führen. Trotz Lastwägen, Motorräder, Traktoren und ellenlangen Autokolonnen, kamen wir ruhigen Schrittes aber zügig voran. Direkt nach dem GRA bogen wir in eine Seitenstrasse und fanden bald das Circolo Ippico Invicti, welches uns an jenem Abend beherbergte. Ich kam früh an, weswegen ich noch half die Umzäunung für eines neuen Aussenplatzes aufzustellen, da ich ja nicht besonders viel zu tun hatte. Abends wurde ich vom Besitzer des Zentrums eingeladen, wir kochten und assen bei ihm zu Hause.

In diesem Reitstall lernte ich viele interessante Menschen kennen, einige mit wichtigen Kontakten in den höchsten Kreisen der italienischen Pferdesport-Welt. Einer davon machte mir ein Jobangebot, sowie auch der Besitzer des Reitstalles Invicti, die Übernahme eines Fahrstalles in der Nähe von Viterbo und einen Platz als Trekking-Leiterin für mehrtägige Strecken… Immer wieder kommen solche Impulse auf mich zu, und natürlich denke ich darüber nach, doch weder das eine noch das andere könnte ich mir vorstellen. Natürlich wäre ich fähig einen solchen Job zu übernehmen, doch ich würde mir dabei nicht treu bleiben. In diesen Kreisen zirkuliert das viele Geld des Reitsports und auch der dementsprechende Menschenschlag, mit denen ich jedoch absolut nichts am Hut habe. Somit bleiben diese Optionen im Hinterkopf, man weiss ja nie, aber ich reise gemütlich weiter.

Am nächsten Tag, war es soweit: das Zentrum Roms wartete auf mich!

Ich wollte früh losreiten, denn ich hatte 30 km im Verkehr zu bewältigen, doch es kam eine neue Begegnung nach der anderen, alle mit vielen Fragen, und so kam ich erst gegen Mittag frei. Wir durchquerten den Regionalpark, der wie ein Keil Richtung Stadtzentrum zeigt. Danach folgten endlose Stunden zwischen den Autos, bis ich auf den Fahrradweg traf, dem ich dann folgte. So gelangte ich in die Sicherheit der Fussgängerzone, ohne weitere Anstrengungen. Zu Strassenmusik ritten wir am Vatikan vorbei, um kurz darauf in die Altstadt zu gelangen. Es war herrlich an den alten Gemäuern, wie dem Kolosseum, entlangzureiten, auf dem Rücken meines Bamiros, neben mir Sparta und hinter mir Rhiannon. Diese Stadt zu Pferd zu durchqueren, so wie sie seit Anbeginn der Zeit bereist wurde, hat mich berührt. Wenn ich daran denke, wer vor mir hier war, wer vor mir die Hufe seiner Pferde auf den Strassen klappern hörte, spüre ich eine grosse Ehrfurcht, vor dieser Stadt aber auch vor den Pferden, die die Menschheit schon so lange begleiten…

Und so kam ich auch auf die Appia Antica, eine der uralten Strassen, die von Rom wegführen, diese nach Süden. Auf den grossen Pflastersteinen sieht man die Karrenspuren, die Autos darauf passen irgendwie nicht so recht ins Bild. Dort traf ich auf zwei Freunde, die mir entgegenliefen um mich zum nächsten Stall zu führen. Ich blieb dort einen Tag, um mich und die Tiere von dem Verkehrsstress erholen zu lassen. Davide, einer der zwei Männer, begleitete mich zu Pferd auf die Appia Antica um mit mir eine Turistenrunde zu machen und mir die Geschichte der einzelnen Monumente, alles Gräber, zu erzählen. Wie seltsam es ist, diese antiken Steine so dahingeworfen zu sehen, ohne Beschreibungsschild, manchmal mit Dornen überwachsen, manchmal zwischen dem hohen Gras, welches von Kühen und Schafen beweidet wird.

Am darauffolgenden Tag, ritt ich wieder eben dieser Strasse entlang, um zu meinem nächsten Gastgeber zu gelangen. Ich war lange unterwegs, alles Teerstrassen, doch als ich abends, nach der Durchquerung von Genzano di Roma von der Hauptstrasse abbog, überwältigte mich der Anblick der sich mir bot: Die Sonne ging gerade unter, feuerrot, brennend und liess das Meer, welches sich bis zum Horizont erstreckte, in Flammen aufgehen. Mich überkam ein absolutes Glücksgefühl und ich grinste, lachte. Ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet! Natürlich hatten wir einige Höhenmeter hinter uns gebracht, und natürlich lag das Meer in Richtung Westen, aber das alles? Unglaublich!!

Bester Stimmung kam ich bei Lino an, der mich und die Pferde herzlich versorgte und Sparta und mir einen Schlafplatz in einer nachgebauten Schilfhütte bot. Er erzählte uns die Geschichte dieser Gebäude und viele weitere von vergangenen Trekkings über die Apenninen, ein Gebiet welches er wie seine Hosentaschen kennt. Durch einer Krankheit kann er leider seit letztem Sommer nicht mehr reiten, doch er lud mich ein, nach dieser Reise mit ihm und seinen Freunden diese Überquerung zu machen, wenn es ihm wieder besser ginge.

Mit Tränen in den Augen verabschiedete ich mich am nächsten Tag von ihm und seiner Frau, und begab mich nach Osten, Richtung Meer. Dort, in Tor San Lorenzo, traf ich auf Roberto, der mir zu Fuss entgegenkam. Wir waren schon länger in Kontakt über Facebook, weil er kürzlich seine Pferde auf Barhuf umgestellt hat und mich somit über die Hufschuhe ausgefragt und mich zu sich eingeladen hatte. Ich erwartete einen ruhigen Ort um die Pferde ausruhen zu lassen, meine Ausrüstung zu putzen und zu schreiben. Was ich nicht erwartete war einen Seelenverwandten.. Wir verstanden uns auf Anhieb wahnsinnig gut und verbrachten die nächsten zwei Tage in Gespräche vertieft. Weder putzte ich die Sättel, noch schieb ich, denn dieser Austausch war wunderschön und einzigartig. Ich weiss nicht wann ich das letzte Mal so viel geredet habe! Natürlich gingen wir auch mit den Pferden an den Strand, und ich konnte zum ersten Mal in meinem Leben dem Meer entlang galoppieren, der Wind in den Haaren, ein Lächeln auf den Lippen, frei, ohne zweites Pferd, ohne Hund, nur Bamiro unter mir.

Ich reiste mit zwiespältigen Gefühlen ab, einerseits begierig auf die nächste Landschaft, auf die nächsten Erfahrungen, andererseits traurig über den Abschied. Roberto ist einer der Menschen der mich am meisten berührt hat auf dieser Reise.

Ich gelang vom Regen in die Traufe… Schon in Tor San Lorenzo wurde ich mit allem nur erdenklichen versorgt, doch die Reiter (Butteri) in Cisterna di Latina übertrafen an Gastfreundschaft alles war ich bis jetzt erlebt hatte. Aus einem, der mir mit dem Auto entgegenkam, wurden schnell zwei, und beim Eingang des ehemaligen Reithofes, waren es drei. Ein vierter brachte sofort Heu für die Pferde und half mir beim Abladen, die anderen teilten sich auf, und kurz darauf wurde mir ein spätes Mittagessen in die Hand gedrückt, ein Futtersack für die Pferde, Dosen für den Hund und einen Pferdeanhänger zum übernachten hingestellt. Nach zwei Stunden, mein Magen war absolut voll, brachte mir einer der Herren das Abendmal. Hätte ich den Super Greenpass, wäre ich zum Essen ausgeführt worden und sie hätten mir ein Zimmer in einem Agriturismo besorgt…

Morgens, nachdem ich lange geschlafen hatte, kamen alle vier wieder, um mich zu verabschieden, drei davon brachten mir Frühstück... Und so ritt ich überwältigt von Dankbarkeit und Essen los, dem Weg folgend, den sie mir beschrieben hatten. Abends fand ich durch einen Freund ein Platz bei einem Milchbauern und seiner Familie. Liebevoll wurde ich aufgenommen und mit allem versorgt. Sie wiederum organisierten mir zwei Boxen in einem Springstall, ein paar Wegstunden entfernt.

Und hier bin ich nun, im Stallgang, auf meinem Bett sitzend, dem strömenden Regen lauschend. Ich habe mir heute frei genommen, um dem schlechten Wetter zu entgehen. Morgen geht es weiter in Richtung Sperlonga, dem Meer entlang.




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